Mittwoch, 30. November 2011

Berlin, Berlin

Mittwoch geht es mittags los. Nach einem amüsanten Morgen - der Wahnsinn hat sich soweit ausgebreitet, dass alle nur noch am lachen sind während sie auf Hochtouren arbeiten -, mal wieder ein Problem mit der Bahn. Im Internet steht noch, der Zug sei pünktlich, zwei Minuten später und 300 Meter weiter am Bahnhof wird die frohe Botschaft verkündet: der Zug fällt aus. Rein in die Tram, am Hauptbahnhof sprinten, gerade noch so geschafft, die anschließende Fahrt war dann ganz gemütlich.
Angekommen in Berlin entschließe ich mich zum Brandenburger Tor zu fahren, ganz klassisch. Von dort aus laufe ich zu Ritter Sport, die Adresse kommt von meiner Schwester per SMS, die Wegbeschreibung wird von Leo durch das Telefon geliefert. Fazit: Man kommt auch ohne Smartphone aus. Leider bin ich zehn Minuten zu spät, um selbst Schokolade machen zu dürfen, das ist doof. Dafür begebe ich mich auf den "Schokotrail", ein interaktiver Pfad, der einem die Herstellung dieses Lustnahrungsmittels vom Pflanzen bis zum Essen darlegt. Sehr spannend. Eigentlich will ich danach noch einen Freund von Gesa treffen, weil ich niemanden in Berlin kenne, leider meldet der sich erst so spät, dass es sich für mich nicht mehr lohnt, der nächste Tag wird nämlich anstrengend.
Ich gehe also noch eine Weile bei den Hauptstadtklauern spazieren und treffe auf die Bonner Botschaft. In Anlehnung an die ständigen Vertretungen zwischen BRD und DDR wurde nach der Wende eine Kneipe für die 50.000 Rheinländer, die nach Berlin ziehen mussten, gebaut. Einchecken im Hotel klappt reibungslos, das Zimmer ist in Ordnung, aber nichts besonderes. Nur die Dusche, die ist göttlich, ehrlich. Sie hat weder einen Heiligenschein, noch ist sie vom Tod auferstanden oder stammt direkt von Zeus ab. Nein, eigentlich ist es eine ganz normale Dusche. Aber: sie macht warmes Wasser, nicht nur lauwarm wie bei uns in der WG, nein, warm, ganz warm. Und den Duschkopf kann man aufhängen. Das ist Luxus. Ich hätte es nie gedacht, habe es immer für normal gehalten - aber es ist Luxus, warm duschen zu können.
Morgens dann das dekadente Frühstück. Ich esse Milchreis, rote Grütze, Obstsalat, ein Vollkornbrötchen mit Käse und Ei, trinke Tee und verschiedene Säfte. Weil ich nicht mehr kann, lasse ich Kuchen, alle anderen Brötchen, Brote, Belege, eine große Auswahl an Cornflakes und Müsli, sechs Sorten Obst, Fruchtjoghurte und Rührei liegen. Aber alleine in einem Hotel zu sitzen und zu frühstücken ist merkwürdig. Ich falle auf, denn ich blättere nicht abgeklärt in einer Ausgabe der Financial Times (oder wie der Mann am Tisch vor mir, der hinter seiner FT eine Bildzeitung versteckt hat... schlau gemacht, keiner außer mir sieht das keiner und ich verrate ihn ja nicht). Dieses Frühstück ist einer der Momente, in denen ich merke, dass ich viel erwachsener geworden bin als ich es vor einem viertel Jahr noch war. Ich kann mit souverän damit umgehen, bin wenig unsicher und halte eben Smalltalk mit Fremden, um nicht nur still zu sein. Dises Jahr scheint viel zu bringen.
Und noch eine politische Botschaft: Capitalism kills love.

1 Kommentar:

  1. Das mit der warmen Dusche kann ich ABSOLUT nachvollziehen! Ging mir in Irland genauso, noch dazu war der Wasserdruck ein laues Wasserrinsal -.-
    Und auch dein Gefühl alleine zu frühstücken/unterwegs zu sein, kann ich sehr gut nachempfinden.

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