Freitag, 16. September 2011

In Bonn verkehren…

Es gibt zwar keine Statistik darüber, wie viele Jahre der Mensch während seines Lebens im Verkehr verbringt, ich finde das Thema dennoch wichtig genug, ihm einen eigenen Blogeintrag zu widmen, immerhin befinde ich mich jeden Tag etwas über einer Stunde mitten drin (hochgerechnet auf ein Jahr sind das 365 Stunden, mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 82 Jahren sind das 29.980 Stunden, 3.5 Jahre… das jetzt mal dem Bahnverspätungsfaktor x=2.73618.. lassen wir das, man sollte nicht mit gefühlten Zeiten rechnen.)

Es ist auf jeden Fall einiges und zählt durchaus zu den Lebensbeherrschenden Tätigkeiten. Wie verkehrt man also in Bonn am Besten?

Automobil

Das liebste Verkehrsmittel der Deutschen sollte man in Bonn lieber stehen lassen. Zumindest in der Innenstadt ist das sehr ratsam, das haben Leo und ich schon im Juni beim Besichtigen der WGs mitbekommen. Gerade in der Innenstadt sind die Straßen ständig überfüllt, dazwischen immer Busse, Bahnen, Fahrradfahrer und Fußgänger. Oft sind die Straßen viel zu eng.

(Und in Beuel solltet ihr motorisierte Gefährte stehen lassen, weil ihr mit großer Wahrscheinlichkeit an meinem haus vorbei fahren würdet und der Krach einer Bundesstraße geht einem auf Dauer sehr auf die nerven – und das wollt ihr mir ja nicht zumuten.)

Tram und Bahn

Mit der Bahn zu fahren ist hier die kleine Schwester vom russischen Roulette: entweder die Kugel trifft und man ist tot, oder sie trifft nicht, zerstört aber einiges im Kopf – man kann verlieren oder verlieren. Da Bonner Roulette die kleine Schwester ist, ist es nicht ganz so brutal, die Bilanz des Spieles ist aber ähnlich: Entweder man hat Glück und die Bahn kommt, in dem Fall ist sie aber so voll, dass man in zweierlei Hinsicht an Sardinen in der Dose erinnert wird: erstens weil man sie um ihren Platz beneidet. Zweitens weil schon geheizt wird und man dementsprechend im eigenen Saft steht. Bei manchen geht diese Flüssigkeitsabsonderung soweit, dass auch der Duft, der sich in der Bahn verbreitet, an eine Fischbüchse erinnert.

Der andere Fall ist: die Bahn kommt einfach nicht. Nicht nur, dass die Trams und Regionalzüge oft Verspätung haben, manchmal fallen sie aus. Im guten Fall wird einem das noch gesagt (im besten erfährt man sogar den Grund), im schlechten Fall steht man einfach da und wartet vergeblich, bis man auch alle Alternativen verpasst hat.

BUS

Der Bus hat sich bisher als relativ gute Option erwiesen. Erstens halten einige Linien direkt vor meinem Haus, großer Pluspunkt, vor allem nachts.

Weiterhin kamen die Busse bisher immer, sie fahren alle 10 Minuten in so gut wie alle Richtungen und sind einigermaßen schnell, da es an den meisten Stellen extra Busspuren auf den Straßen gibt. Meistens sind die Busse auch nicht ganz so voll wie die Trams, oft bekommt man sogar noch einen Sitzplatz, was gerade für den Rückweg von der Arbeit sehr angenehm ist.

Manchmal passiert es aber auch – wie heute –, dass der Bus da steht, man einsteigt und wartet, der Bus aber einfach nicht losfährt. Man geht also nach vorne, will den Fahrer fragen, ob es Probleme gibt. Der Sitz ist allerdings leer. Schaut man verwirrt zur Seite steht da ein anderer Busfahrer, der aber nicht zuständig ist und erzählt dir, dass der Fahrer noch nicht da wäre und keiner wisse, wo dieser sei. Der Bus fahre aber sofort, wenn der werte Herr auftauche.

Das ist mir bisher aber erst einmal passiert.

(Auf einen Hinweis, der weit her von der anderen Seite des Ozeans zu mir herübergeschwommen kam: ja, ich freue mich dass es überhaupt Busse und Bahnen gibt und ich nicht auf das Auto angewiesen bin. Danke für diesen korrigierenden Blick, Britt ;-) )

Drahtesel

Eine umweltfreundliche Möglichkeit von A nach B zu kommen. Und in Bonn gar nicht so schlecht, wie es scheint. Fast überall gibt es extra ausgebaute Fahrradwege (zweispurig, dass man in beide Richtungen fahren kann) und an allen relevanten Orten ausreichend Abstellplätze, an den weniger relevanten Orten gibt es ausreichend Straßenlaternen und Bäume.

Einem praktischen Test habe ich die Fahrradeinrichtungen aufgrund eines fehlenden Fahrrads noch nicht unterzogen. Kommt vielleicht nächstes Frühjahr. Dann kann ich auch meinen Gutschein für eine Stadtbesichtigung via Zweirad einlösen.

Per pedes

Bonn zu Fuß zu durchqueren hat sich bisher als die beste Variante herausgestellt. Man ist schneller als die Bahnen (wirklich, an vielen Strecken kann man neben ihnen herlaufen und an der nächsten Haltestelle hat man sie überholt), hat frische Luft, ein kostenfreies Workout und sieht etwas von der Stadt. Und auch wenn Bonn sich meistens als Großstadt gibt, zeigt sich hier, dass es doch irgendwie ein Dorf ist: man kann so gut wie von überall nach überallhin laufen ohne sehr sehr lange unterwegs zu sein. Am besten ist die Kombiniertechnik: da wo es geht, mit Bus oder Bahn (solange diese überhaupt kommen und dann nicht im Stau stehen), die Strecken davor, danach, dazwischen laufen.

Es gibt nur eine Bedingung, damit man wirklich schnell vom Fleck kommt: halte dich nicht an rote Ampeln.

In Bonn werden Ampeln aus Prinzip nicht grün. Rekordwartezeit? 17 Minuten. Wie viele der raren Gelegenheiten, eine pünktliche Tram zu bekommen, habe ich schon verpasst weil ein kleines Kind neben mir stand und ich nicht einfach das Gesetz der Straße brechen konnte?

Ich meine das ernst, wenn es geht (manchmal geht es bei den mehrspurigen Straßen nicht, weil zu viele Autos kommen, vor allem an kleineren Straßen oder an den Kreuzungen geht es wunderbar), wenn es also geht, wartet nicht darauf, dass es grün wird. Selbst der geübteste und gelassenste buddhistische Mönch würde hier irgendwann aufgaben und bei rot gehen.

Ich hoffe, ihr könnt euch nun bei eurem nächsten Bonnbesuch für die beste Alternative entscheiden. Bis dahin gute Reise!

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